Hintergründe und Geschichte
Bild: Diego Sonderegger
Hintergründe und Geschichte Fortifikation Hauenstein

Fortifikation Hauenstein

Mahnmale aus vergangenen Zeiten

Nach Kriegsende 1918 wurden störende Bauwerke rückgebaut und viele Infrastrukturanlagen abgebrochen, die meisten Schützengräben zugeschüttet. Was übrig blieb, hat sich die Natur seither weitestgehend zurückerobert. Doch längst nicht alles!

Die noch bestehenden Zeitzeugen erinnern heute an die entbehrungsreiche Zeit des Grossen Krieges, an die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Sie sollen bei den Besuchenden das historische Bewusstsein schärfen und als Mahnmale vor Augen führen, dass Frieden, Sicherheit und Selbstbestimmung nichts Selbstverständliches sind.

Besonders gut sichtbar sind Relikte der Fortifikation Hauenstein auf dem Wisenberg, dem Walten und vor allem im Gebiet Belchen/Gwidem. In diesen Abschnitten lassen sich unzählige Stützpunkte, Artilleriestellungen, Bunker, Reservoire, Beobachtungsposten, Schützengräben und Unterstände erkunden – oder mindestens erahnen.

Viele Strassen und Wanderwege, die heute das Gebiet erschliessen, stammen aus der Entstehungszeit der Fortifikation Hauenstein. Sie wurden ab August 1914 zum Bau der Anlagen und vor allem zur Versorgung der Stützpunkte und Stellungen angelegt, an manchen Stellen sogar direkt aus dem Fels gesprengt. Unzählige gemalte Wappen, steinerne Reliefs und durch Truppen in die Bauwerke gravierte Inschriften erinnern an die Zeit der Konstruktion dieses riesigen Verteidigungswerks. Die Wappensammlung entlang der Belchen-Südstrasse ist ein besonders anschauliches Zeugnis der damaligen Grenzbesetzung und ein Andenken an unsere Vorfahren.

Hintergründe & Geschichte

Die Fortifikation Hauenstein wurde während des Ersten Weltkriegs im Rahmen der Grenzbesetzung 1914-1918 erstellt. Sie befindet sich aber nicht an der Grenze selbst, sondern zurückversetzt auf den Jurahöhen als 48 Kilometer langer, hufeisenförmiger Nordriegel vor Olten. Ihre Aufgabe bestand darin, deutsche oder französische Truppenverbände – im Falle eines Grenzdurchbruchs – nördlich des Juras aufzuhalten.

Der Einmarsch deutscher oder französischer Truppen in die neutrale Schweiz war ein durchaus realistisches Szenario. Die 750 Kilometer lange deutsch-französische Front zog sich wie eine offen Wunde von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze (Ajoie). Frankreich und Deutschland schmiedeten Pläne, diese militärische Grenze an ihrer Südspitze, also durch die neutrale Schweiz, zu umgehen. Mit einem solchen Umfassungsangriff durch die Schweiz hätte Frankreich respektive das Deutsche Kaiserreich dem jeweiligen Feind in den Rücken fallen können.

Um einen Einmarsch in die Schweiz nicht nur auf diplomatischem Weg sondern auch militärisch zu verhindern, zog die Schweizer Armee bereits bei Kriegsausbruch grosse Truppenteile auch an der Nordwestgrenze zusammen – der Beginn der sogenannten Grenzbesetzung. Sollte die Grenze trotz militärischer Verteidigung durchbrochen werden, galt es, die feindlichen Truppen bereits nördlich des Juras zurückzudrängen oder zu neutralisieren. Die Doktrin lautete, im Falle eines Angriffs den Angreifer so lange nördlich des Juras zu halten, bis sein militärischer Gegner der Schweiz eventuell zu Hilfe eilen würde. Diese delikate Aufgabe übernahmen die Fortifikation Hauenstein als Nordriegel und die Fortifikation Murten als Westriegel.

Die Fortifikation Hauenstein wurde als Verteidigungslinie im Halbkreis um den strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt Olten gelegt, ähnlich einem mittelalterlichen Brückenkopf. Olten war wichtigster Etappenort, d.h. wichtigstes Versorgungs- und Nachschubzentrum hinter der Front. Hier befand sich das logistische Zentrum, sämtliche rückwärtigen Dienste und Kommunikationszentralen, welche die Versorgung der Fortifikation Hauenstein sicherstellten. Für die rund 50‘000 Einwohner im Verteidigungsraum wurden Evakuationspläne erstellt.

Nach der allgemeinen Mobilmachung am 3. August 1914, begannen Tausende von Wehrmännern und Zivilangestellten, darunter viele Italiener, nach vorbereiteten Plänen im 24-Stunden-Betrieb mit dem Bau der Fortifikation. Es wurde rund um die Uhr im Dreischichtenbetrieb gearbeitet, wobei eine Schicht acht Stunden – plus Hin- und Rückweg, meist zu Fuss – dauerte. Die Militärangehörigen unterlagen zudem täglich dem Drill der Offiziere nach preussischem Muster, auf Befehl von General Ulrich Wille.

Innert weniger Monate entstanden 26 Kilometer Militärstrassen. Die wichtigsten Versorgungsstrassen liegen am Wisenberg (Ramsach - Wisenberg und Winznau - Froburg) sowie am Belchen (Nord- und Südstrasse sowie Wangen bei Olten - Rumpel, Trimbach - Froburg und Ifenthal - Challhöhe). Zur Realisation aller Bauobjekte leisteten Milizsoldaten und Zivilisten insgesamt zwei Millionen Arbeitsstunden. 14’000 Mann und 1’100 Pferde schufteten Tag und Nacht, Maschinen und Motorfahrzeuge standen damals nur spärlich zur Verfügung.

Erstellt wurden zwischen 1914 und 1918 rund 500 Tief- und Hochbauten für Scheinwerferpositionen, Kommandoposten, Telefonleitungen, Munitionslager, Geniedepots, Reservoirs und Wasserleitungen, Unterkünfte sowie Stallungen und Depots für alle notwendigen Güter. Auch die vorsorgliche Sprengung aller Oltner Brücken und der beiden Hauenstein-Eisenbahntunnel war für den Ernstfall vorbereitet.

Den Aussichtspunkt Belchenfluh sprengte die Armee in die heutige Form. Aus der damals schroffen und spitzen Klippe wurde ein Tag und Nacht besetzter Beobachtungsposten. Ab August bis Mitte November 1914 waren die Infanteriewerke, die Fuss- und Feldbatteriestellungen feldmässig ausgebaut, drei Gruppenstützpunkte vollendet und gefechtsbereit, so auch der heute sehenswerte Grabenabschnitt am Spitzenflüeli. Bereits im Oktober 1914 war die Stellung Lauchweid mit ihrem Beobachtungsposten über einer 80 Meter hohen Felswand fertiggestellt; heute ein beliebter Aussichtspunkt und bekannt für die gepanzerte Kuppel, konstruiert aus dem Kessel einer Dampflokomotive, mit der volkstümlichen Bezeichnung «Panzertürmli». Die berühmte Belchen Südstrasse, an der sich die Truppen mit ihren Wappen verewigt haben, war im Frühling 1915 vollendet, ebenfalls die Nordstrasse. Sie liegen beide direkt unter der Belchenfluh und sind heute beliebte Wanderrouten. Bis Ende 1917 wurden alle wichtigen Arbeiten, inklusive dem Bau der 39 Kasematten (Bunker), abgeschlossen.

Die Feuerlinie mit Verbindungsgräben war schliesslich mehr als 28 Kilometer lang. Es gab offene und gedeckte Stellungen für 126 Geschütze. Acht Telefonzentralen stellten die Kommunikation sicher.

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